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Volkswirtschaftslehre - die ökonomischen Zusammenhänge im Blick

Ein Beitrag von Prof. Dr. Peter Mayer, Professur für Volkswirtschaftslehre, Hochschule Osnabrück

»Wer bei politisch und gesellschaftlich relevanten Themen wie der Eurokrise, dem Klimawandel oder den Auswirkungen von Handelsabkommen mitreden und mitgestalten möchte, muss die ökonomischen Zusammenhänge kennen und einordnen können. Das notwendige Handwerkszeug liefert das Studium der VWL«, meint Robert Raschper, der an der Hochschule Osnabrück »Angewandte Volkswirtschaftslehre« studiert.

Warum unterscheiden sich die Wachstumsraten der Pro-Kopf-Einkommen der Länder, wie wirkt sich Handel auf den Wohlstand der Menschen aus, wie kommt es zur Ungleichheit, welchen Zusammenhang gibt es zwischen ökologischen und wirtschaftlichen Prozessen, und daraus abgeleitet: Welche Politik ist erforderlich, um den Zusammenhalt von Gesellschaften, den Lebensstandard und die Zufriedenheit der Menschen zu sichern? Was sind die Herausforderungen, um Gerechtigkeit den Platz einzuräumen, der diesem Ziel gebührt? Mit solchen Fragen beschäftigen sich Volkswirte. Ein volkswirtschaftliches Studienprogramm baut daher systematisch auf einem Verständnis der Marktprozesse auf. In mikroökonomischen Grundlagenveranstaltungen befassen sich Studierende mit dem Verhalten der privaten Haushalte und der Firmen und den Auswirkungen auf die Marktergebnisse. In makroökonomischen Veranstaltungen steht hingegen die Rolle des Staates auf die Volkswirtschaft im Vordergrund: Was ist die Aufgabe des Staates, um eine stabile Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Leistung zu erreichen? Wie wirken sich Wechselkurse auf die Integration der Länder in die regionale oder in die Weltwirtschaft aus? In weiterführenden Modulen werden die Ursachen für Wachstum, für Konjunkturschwankungen und für Ungleichheit untersucht, es werden Umweltprobleme oder die Rolle von Finanzmärkten analysiert. Das Instrumentarium der Volkswirtschaftslehre umfasst mathematische und statistische Modelle, Veranstaltungen in Mathematik, Statistik und ökonometrie gehören daher zum Handwerkszeug von Volkswirten.

»Der Blick in die Geschichte ist wichtig.«

Effekte wirtschaftlicher Phänomene werden auch mithilfe graphischer Darstellungen analysiert. »Besonders spannend wird es im Studium, wenn es um die Anwendung von Theorien und Modellen geht: Zum Beispiel bei wirtschaftspolitischen, ethischen oder Fragen der nachhaltigen Entwicklung«, meint Robert Raschper. Der Blick in die Geschichte ist wichtig, wirtschaftlichen Austausch gibt es schließlich nicht nur in der Gegenwart: so sind etwa die Betrachtungen griechischer und römischer Philosophen zu wirtschaftliche Fragestellungen noch heute lesens- und nachdenkenswert. In den Curricula finden sich daher Module zur Wirtschaftsgeschichte oder werden solche überlegungen regelmääig in andere Veranstaltungen integriert. Und da Vergleiche der Erfahrungen der Länder der Welt Urteile erlauben, welche Politiken erfolgreich sind oder welche in die Irre führen, gehört die Analyse der Entwicklungen der Weltwirtschaft und anderer Länder ebenso zu dem Untersuchungsgegenstand der Volkswirte. Und in Europa spielt selbstverständlich die Analyse der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit im Rahmen der EU eine besondere Rolle. Angehende Volkswirte erfahren somit eine umfassende Ausbildung: sie werden methodisch geschult, sie vertiefen ihr Verständnis der Handlungsweisen der Individuen, Unternehmen, der Regierungen und internationalen Organisationen. Sie lernen unterschiedliche Vorstellungen der Rolle des Staates kennen: Die gängigen (orthodoxen) Theorien werden ebenso vermittelt wie abweichende (heterodoxe) Vorstellungen des Zusammenspiels von Märkten, von Individuen, Firmen und dem Staat. Studierende der Volkswirtschaftslehre sollten keine Angst vor Mathematik und Statistik haben und gleichzeitig ein Interesse für Politik und weltwirtschaftliche Zusammenhänge mitbringen. Gute Kenntnisse der englischen Sprache sind essentiell, um eigenständig weltwirtschaftlichen Prozessen zu folgen. Weitergehende Sprachkenntnisse sind von Vorteil, gerade wenn man sich langfristig auf die wirtschaftliche Entwicklung besonderer Sprachräume spezialisiert.

»Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise und speziell die Eurokrise haben die Relevanz volkswirtschaftlicher Analysen erneut deutlich werden lassen.«

Das im Studium erworbene Wissen befähigt die Absolventen, in staatlichen Einrichtungen, in Banken und Versicherungen oder auch in Nicht-Regierungsorganisationen zu arbeiten. Da auch in vielen Unternehmen das Verständnis der allgemeinen oder globalen Zusammenhänge wichtiger wird, finden viele Volkswirte auch Beschäftigung in Bereichen, die nahe an betriebswirtschaftlichen Fragestellungen angesiedelt sind. Vor diesem Hintergrund sind in vielen volkswirtschaftlichen Studiengängen betriebswirtschaftliche Module in das Curriculum integriert, verpflichtend oder als Wahlpflichtfach. Das Studium der Volkswirtschaftslehre wird an mehr Universitäten und Fachhochschulen angeboten, vielfach unter dem Begriff »Volkswirtschaftslehre«, häufig aber auch in Kombination mit anderen Spezialisierungen: Wirtschaft und Politik, Wirtschaft und Philosophie, Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Wirtschaft und besondere Wirtschaftsräume. An manchen Hochschulen wird besonderer Wert auf die Ausbildung starker theoretischer Kenntnisse gelegt, an anderen steht die Anwendungsorientierung im Vordergrund. Auslandsaufenthalte, in Form eines oder mehrerer Semester oder kürzerer Aufenthalte gehören dabei zum Standard eines guten Studiums. Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise und speziell die Eurokrise haben die Relevanz volkswirtschaftlicher Analysen erneut deutlich werden lassen. In manchen Medien wurde von einem Bankrott der ökonomie gesprochen, da die Krise von der Mehrheit nicht vorausgesehen wurde. Dass zuvor die Politik häufig die Empfehlungen der Volkswirte ignoriert hatte blieb dabei eher unbeachtet. Allerdings wurde auch klar, dass die Dynamik der Weltwirtschaft ständig neue Fragen aufwirft, dass die Wissenschaft auf viele Fragen noch Antworten sucht, und dass in der Wissenschaft um die richtigen Herangehensweisen gerungen wird. Volkswirtschaftslehre gehört zu den Sozialwissenschaften, sie handelt von Menschen, von Organisationen, die von Menschen geprägt werden, sie hat nicht die Präzision mancher Naturwissenschaften, und wird sie auch niemals haben. Für viele Volkswirte stellt das ein Teil des Reizes des Studienfachs dar. Es ist Platz für neue Erkenntnisse, die gegenwärtigen Forschungsanstrengungen im Rahmen der Verhaltensökonomik, das Handeln der Individuen besser zu verstehen sind beispielhaft zu nennen. Und da sich die Welt verändert, bedarf es immer wieder neu der Analyse und Erklärung, und dem Nachdenken über die geeigneten Forschungsmethoden. Die Politik sucht nach Wegen, Prozesse zu gestalten, und genau hier kann auch zukünftig die Volkswirtschaftslehre einen wichtigen Beitrag leisten. Für all jene, die an dem Denken in Zusammenhängen interessiert sind, Kompetenzen in so unterschiedlichen Bereichen erwerben wollen, wer keine Angst vor formaler Analyse und gleichzeitig umfassender Einbettung der Erkenntnisse in das Verständnis des Handelns hat, wer Interesse an internationalen Zusammenhängen hat, der liegt mit der Wahl des Studienfaches Volkswirtschaftslehre genau richtig, und wird an dem Studium Freude haben und später auf einen guten Arbeitsmarkt stoßen.
Volkswirtschaft - Prof. Dr. Peter Mayer

Kurzvita

Prof. Dr. Peter Mayer ist seit 2001 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Osnabrück. Zuvor war er für die Friedrich-Ebert-Stiftung in Südkorea und Ghana tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind Europäische Integration, Entwicklungsprozesse in asiatischen Ländern und Fragen des Hochschulmanagements.
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