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Ich will Ingenieur werden - was sind die Voraussetzungen?

Ein Beitrag von Prof. Dipl.-Ing. Alwin Burgholte, Jade Hochschule Wilhelmshaven

Eine Berufsausbildung ist nicht mit einem aktuellen Produkt in einer Marktnische vergleichbar! Meine Entscheidung für ein Ingenieurstudium hatte ich mir gut überlegt. Schon immer machte mir die Beschäftigung mit der Technik Spaß. Fehler zu finden, etwas reparieren zu können, sind für mich Erfolgserlebnisse. Ein Studium der Elektrotechnik bietet mir hervorragende Zukunftsaussichten.

Man stelle sich doch nur einmal den Alltag ohne elektrotechnische Anwendungen vor. In der Energieversorgung ist der Blackout sehr gefürchtet. Fehlt der elektrische Strom über einen längeren Zeitraum, geht nichts, aber auch gar nichts mehr. Keine Tankstelle, keine Supermarktkasse, keine Zentralheizung und Wasserversorgung; in der Industrie bricht die Produktion zusammen, die gesamten kaufmännischen und datenverarbeitenden Anwendungen sind nicht mehr auszuführen, die Verkehrslenkung funktioniert nicht mehr usw. usw. Die wirtschaftliche Bedeutung der Elektrotechnik auf den Gebieten der Energie-, Informations- und Automatisierungstechnik ist unbestritten. Dabei werden diese Art Arbeitsplätze nicht nur von elektrotechnischen Firmen angeboten. Im Maschinenbau, in der Chemie, der Medizin, im Bereich der gesamten Wirtschaft ist die Elektrotechnik in der Anwendung zu finden.

»Machen sie keinen Lebensplan, es kommt ohnehin anders.«
Wilfried Porth, Personalvorstand von Mercedes-Benz

Die Tätigkeitsfelder unterliegen dabei ständig neuen Innovationszyklen, und das wird auch so bleiben. Wer hätte sich vor 20 Jahren vorstellen können, wie viel Elektronik heute im Auto verbaut ist, wie mit Smartphones nicht nur kommuniziert sondern auch ferngesteuert automatisiert wird, oder dass heute Elektroautos mit neuen Batterien am Markt angeboten werden? Daraus ist aber zu folgern, dass sich die eigene Ausbildung nicht nur punktuell an dem heutigen Technikstand zu orientieren hat, sondern langfristig für die berufliche Bildung qualifiziert.

Elektrotechnik - Jade Hochschule Wilhelmshaven › Udo Schürmann (stehend) betreut als wissenschaftlicher Mitarbeiter zwei Studierende bei dem Laborversuch »Vierquadranten Stromrichter-/ Umrichterantrieb«

Der Beginn des Studiums verändert das Leben. Vieles muss nun selbst erkundet, selbständig organisiert und entschieden werden. Aus der Lernwissenschaft ist bekannt, dass Lernerfolge sich nur durch »Selbermachen« einstellen, auswendig lernen ist dabei völlig ungeeignet. Empfehlenswert ist auch die Mitarbeit in einem Team. So sind der eigenen Informationsbeschaffung durch Vorlesungen, Literatur oder Internetrecherchen noch Beiträge der Teammitglieder hinzuzufügen. Aber Vorsicht: hier ist die eigene Kritikfähigkeit gefragt, denn nicht alles entspricht der Wahrheit. Für die Entwicklung der Kritikfähigkeit wird Basiswissen benötigt und die Fähigkeit, konsequente und logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Eigene Erfahrungen müssen durch Projektarbeiten und Praktika aufgebaut werden. In der industriellen Anwendung bildet Englisch den Sprachenstandard. Durch entsprechende Auslandsaufenthalte werden die Fremdsprachenkenntnisse und auch das Selbstwertgefühl aus- und aufgebaut.

»Die Spezialisierung erfolgt am Arbeitsplatz, und das ein ganzes Berufsleben lang.«

Auch die Wahl der Studienschwerpunkte ist gut zu überlegen. »Machen Sie keinen Lebensplan, es kommt ohnehin anders,« sagt Wilfried Porth, Personalvorstand von Mercedes-Benz. Und noch eins: Hochschule und Prüfer sollten auch nicht nach der Einschätzung gewählt werden, dass es den Studierenden dort »leicht« gemacht wird, Prüfungen zu bestehen. Eine zu schmalspurige Studienrichtung mit wenig Anspruch erschwert den späteren Einstieg in das Ingenieurleben und auch den Berufserfolg. Gesichertes Basis- und Grundlagenwissen qualifiziert dagegen für die Zukunft. Die Spezialisierung erfolgt am Arbeitsplatz, und das ein ganzes Berufsleben lang.

Jedes Studium wird mit einer Abschlussarbeit beendet. Dafür muss ein aktuelles Thema gesucht werden. Für eine Zusammenarbeit mit der Industrie/Wirtschaft hat sich der Studierende so zu bewerben, als wäre es der erste Job. Oft gelingt so der nahtlose Übergang vom Studium in das erste Arbeitsverhältnis, weil die Projektarbeiten aus der Abschlussarbeit im Unternehmen durchgängig weitergeführt werden können.

»Ein Studium erfordert viel Selbstdisziplin; Online-Studiengänge dazu noch ein hohes Mass an Zeitmanagement.«

Warum scheitern dennoch so viele Studierende der Ingenieurwissenschaften in den ersten Semestern? Was sind die häufigsten Gründe, die zum Scheitern führen? Leider reicht die schulische Vorbereitung heute oft nicht mehr aus. War in der Schule der Einsatz von leistungsfähigen Grafikrechnern zwingend, sind diese im Studium in den ersten Mathematikklausuren nicht erlaubt. Viele Hochschulen und Universitäten bieten deshalb mathematische Vorbereitungskurse und Förderkurse zum Aufbau der grundlegendsten mathematischen Kenntnisse an - dieses Angebot muss dann auch wahrgenommen werden! Es reicht auch nicht, nur für eine Klausur zu lernen, denn das erforderliche Basiswissen ist dann bei der nächsten Klausur schon nicht mehr verfügbar, weil vergessen. Ein Studium erfordert viel Selbstdisziplin; Online-Studiengänge dazu noch ein hohes Maß an Zeitmanagement. Das bedeutet systematisches Arbeiten, ständiges Üben und Wiederholen der wichtigen Stoffinhalte. Dennoch - der Lebensabschnitt während des Studiums ist auch erkenntnis- und erlebnisreich, man lernt viele nette Menschen kennen und kann Freizeitaktivitäten ausüben.

»Auf der Basis einer breiten Grundlagenausbildung kann dann jede aktuelle berufliche Spezialisierung erfolgen.«

So kann nebenbei soziale Kompetenz, die sogenannten Soft Skills, entwickelt werden. Soziale Kompetenz umfasst eine Vielzahl von Fertigkeiten, die für die soziale Interaktion nützlich bzw. notwendig sind, wie unter Wikipedia de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Kompetenz nachzulesen ist. Ein Engagement in der studentischen Selbstverwaltung, bei der Organisation öffentlicher Veranstaltungen in der Hochschule sowie bei Sportvereinen, aber auch die Organisation von Nachhilfegruppen bereiten nicht nur Freude, sondern finden in späteren Bewerbungsgesprächen auch die entsprechende Anerkennung durch die Personalchefs.

Elektrotechnik - Prof. Dipl.-Ing. Alwin Burgholte › Prof. Dr.-Ing. Folker Renken betreut zwei Studierende bei ihrer Bachelorarbeit »Untersuchung des Kapazitätsverlustes von Li-Ionen-Batterien in Abhängigkeit unterschiedlicher Lade-/ Entladeströme«

Ist das Studium geschafft, hat man die besten fachspezifischen und persönlichen Zukunftschancen. So wie unser heutiger elektrotechnischer Alltag mit Automation, Internet, neuen Technologien in der Informations- und Energietechnik vor zwanzig Jahren nicht absehbar war, können wir derzeit auch nicht die technischen Anforderungen an Elektroingenieure für die kommenden zwanzig Jahre vorhersagen. Deshalb muss das Studium breit angelegt werden. Eine Spezialisierung auf schmale Studienrichtungen ist zu vermeiden. Auf der Basis einer breiten Grundlagenausbildung kann dann jede aktuelle berufliche Spezialisierung erfolgen.

Kurzvita

Prof. Dipl.-Ing. Alwin Burgholte (Jahrgang 1942)

1963 bis 1968
› Studium der Elektrotechnik an der TU Braunschweig

1968 bis 1974
› Entwicklungs- und Projektingenieur in Stuttgart und Hamburg.
› Entwicklung von elektrischen Hybridantrieben für Busse und PKW sowie Entwicklung von Umrichterantrieben.

1974 bis 2008
› Lehrtätigkeit an der Fachhochschule in Wilhelmshaven (jetzt Jade Hochschule Wilhelmshaven). Zuständig im Bereich Elektrotechnik für die Spezialisierungen auf den Gebieten Leistungselektronik, Power Quality und Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV).
› Betreuung zahlreicher Forschungs- und Entwicklungsprojekte, deren Ergebnisse veröffentlicht und auf Fachkongressen vorgestellt wurden.
› In Zusammenarbeit mit dem Institut für Innovations-Transfer an der Jade Hochschule Untersuchungen im Industrieauftrag zur Störursachenfindung in elektrischen Netzen und CE-Zertifizierung elektronischer Produkte.
› Mitautor der Netzverträglichkeitsrichtlinien für Windenergieanlagen, Gastmitglied im DKE-Normenausschuss für niederfrequente leitungsgeführte Störgrössen und Gutachter auf dem Gebiet der elektrischen Netzrückwirkungen.

1989 bis 2008
› geschäftsführendes Vorstandsmitglied im Fortbildungsinstitut für Technik, Wirtschaft und Verwaltung Wilhelmshaven e.V. (ftwv).

2008 bis 2012
› Referent für berufliche Bildung, Schul- und Hochschulpolitik im Allgemeinen Wirtschaftsverband Wilhelmshaven-Friesland-Wittmund e.V. für die Kooperation der Wirtschaft und Verwaltung mit den Schulen und Hochschulen aller Bildungsebenen.
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