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Studium im Fachbereich Physik - zwischen Tradition und Innovation

Ein Beitrag von Prof. Dr. Karl Leo, Institut für Angewandte Photophysik, Technische Universität Dresden

Die Physik beschäftigt sich mit den messbaren Grundlagen des Aufbaus und der Funktionsweise der Materie. Dies reicht von den Elementarteilchen über die uns im Alltag umgebende Materie bis hin zum Weltraum. Das Ziel ist dabei, die beobachtbaren Phänomene mit mathematischen Methoden zu beschreiben. Darüber hinaus ergibt sich in den Naturwissenschaften ein immer stärkerer Bezug zur Anwendbarkeit der Erkenntnisse, so dass die Zusammenarbeit über Fächer-, Branchen- und Ländergrenzen hinweg eine immer größere Rolle spielt.

Wie stellen sich das Berufsbild und die Berufsperspektiven für Absolventen der Physik dar?

Das Fach Physik kann auf eine sehr lange Tradition in der deutschen Universitätslandschaft zurückblicken. Unser Grundwissen über den Aufbau der Materie, fundamentale mechanische Zusammenhänge ebenso wie unser Grundverständnis über Elektrizität oder den Magnetismus - all diese Gebiete der Physik sind im Grunde genommen noch immer Gegenstand der physikalischen Grundlagenforschung. Ursprünglich im Sinne einer »allumfassenden Naturwissenschaft« gestartet, hat sich das Fachgebiet immer weiter diversifiziert; andere Fächer und immer mehr Spezialgebiete sind entstanden. Mit dem Fortschritt der Technik wird jedoch auch zunehmend angewandte Physik betrieben, die ganz unterschiedliche Gebiete wie z.B. Werkstoffe, Elektronik, und Medizintechnik umfasst.
Viele Physikerinnen und Physiker sind in Universitäten oder in außeruniversitären Forschungseinrichtungen beschäftigt. Das zweite »klassische« Berufsfeld findet sich in der Industrie, also etwa in den Forschungsabteilungen großer Konzerne, als Entwickler in mittelständischen Unternehmen oder natürlich mit einem breiteren Aufgabenspektrum in Startup-Unternehmen. Da Physikerinnen und Physiker gewöhnlich sowieso zugleich kreativ und analytisch arbeiten müssen, findet man Absolventen dieses Faches in Betrieben jeder Größe auch auf allen Führungsebenen.
Branchen, in denen Physikerinnen und Physiker üblicherweise anzutreffen sind, sind etwa Informations- und Kommunikationstechnik, IT, Anlagenbau, außerdem auch Chemie und in zunehmendem Maße Life Sciences. Wie bereits erwähnt, sind die Qualifikationen aus einem Studium der Physik in vielen anderen Sektoren anwendbar, so dass Physikerinnen und Physiker weiterhin auch in Banken, Versicherungen, Verbänden, Behörden und Verwaltung, als Berater, Sachverständige oder auch als Bundeskanzlerin tätig sind.

Welche »Soft Skills« sind in den beschriebenen Berufsfeldern hilfreich oder notwendig?

Physik - Prof. Dr. Karl Leo Es ist offensichtlich, dass Physikerinnen und Physiker keine Angst vor Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Fragen mitbringen dürfen, und dass eine Motivation, sich komplexen Problemen zu stellen, erforderlich ist. Allgemein sind die Fähigkeit, zu abstrahieren, Kreativität, die Bereitschaft zur mathematischen Durchdringung sowie die Auseinandersetzung mit aktuellem Wissensstand im Fachgebiet unerlässlich.
Aufgrund der zunehmend internationalen Arbeitsweise sind interkulturelle Kompetenzen hilfreich. Außerdem lohnt es sich, Fertigkeiten in Projektmanagement, Patent- und Markenrecht sowie allgemein im unternehmerischen Denken zu erwerben.
Insbesondere im Bereich der angewandten Physik ist ein gewisses Interesse für Technik und ingenieurtechnische Herangehensweisen erforderlich. Breite internationale und interdisziplinäre Zusammenarbeit ist in den Naturwissenschaften mittlerweile der Normalfall, sehr gute Englisch-Kenntnisse sind deshalb eine Grundvoraussetzung. Außerdem sind natürlich Fähigkeiten in Bezug auf Präsentationstechnik, wissenschaftliches Schreiben usw. gefordert.

Welche Master-Studiengänge werden in der Fachrichtung Physik der TU Dresden angeboten?

In Dresden werden zwei Master-Studiengänge angeboten: zum einen der Master in Physik und zum zweiten der internationale Master Organic and Molecular Electronics, in dem sämtliche Lehrveranstaltungen in Englisch angeboten werden.

»Innovationen entstehen schon immer sehr häufig da, wo verschiedene Wissenschaftsdisziplinen beteiligt sind.«

Im Master-Studium ergibt sich eine allgemeine Vertiefung gegenüber dem Physik-Bachelor sowohl in Theoretischer als auch in Experimentalphysik. Weiterhin findet vielerorts eine Spezialisierung auf ein bestimmtes Gebiet statt, z.B. Theoretische Physik, Kern- und Teilchenphysik, Angewandte Festkörperphysik und Photonik, ... Die Befähigung zu selbständigem wissenschaftlichen Arbeiten - nach Möglichkeit einschließlich der Publikation von wissenschaftlichen Ergebnissen - steht dabei im Mittelpunkt.
Physik - Prof. Dr. Karl Leo Zukunftsfähige Technologien basieren auf neuen Erkenntnissen der Grundlagenforschung; deren Entwicklung erfordert daher neben ingenieurtechnischem auch fundiertes naturwissenschaftliches Wissen. Innovationen entstehen schon immer sehr häufig da, wo verschiedene Wissenschaftsdisziplinen beteiligt sind. Deshalb ist auch ein sich immer weiter verstärkender Trend zu interdisziplinärem Arbeiten erkennbar. Die Organische Elektronik mit Beiträgen aus Physik, Chemie, Elektrotechnik und Materialwissenschaft ist hierbei ein Paradebeispiel.
Der 2012 an der TU Dresden eingerichtete internationale Master-Studiengang Organic and Molecular Electronics setzt insbesondere auf diesen verstärkten Austausch zwischen Industrie und Akademia, zwischen den Disziplinen von der Quantenphysik bis hin zur Drucktechnik im internationalen Kontext. Ein eigener Bachelorstudiengang im Fach »Organic and Molecular Electronics« existiert nicht, und wäre aufgrund des interdisziplinären Charakters auch nicht sinnvoll. Stattdessen setzt dieser Studiengang einen Bachelor-Abschluss in einer Naturwissenschaft, z.B. in Physik oder Chemie, oder in einem ingenieurswissenschaftlichen Fach (häufig Elektrotechnik oder Materialwissenschaften) voraus. Interesse in den jeweils anderen Fachgebieten vorausgesetzt, bietet sich hier eine exzellente Möglichkeit, sich über die Grenzen des eigenen Fachgebietes hinaus ausbilden zu lassen.

Unter welchen Voraussetzungen ist das Master-Studium zu empfehlen?

Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass ein (Master-)Studium in den Fächern Physik oder Organic and Molecular Electronics immer zu empfehlen ist, wenn das entsprechende Interesse vorhanden ist und man sich den geschilderten Herausforderungen gewachsen fühlt. Während des Studiums ergibt sich häufig bereits die Möglichkeit, innerhalb des Fachgebietes zu arbeiten. Insbesondere in den Feldern der angewandten Physik sind auch Berufspraktika während des Studiums in der Universität, in Forschungseinrichtungen oder natürlich in der Industrie zu empfehlen.

»Auf das Master-Studium sollte aber nur in sehr speziellen Ausnahmefällen verzichtet werden.«

Eine weitere wichtige Frage im Fachgebiet Physik - und allgemein in den Naturwissenschaften - lautet: Promotion oder Berufseinstieg? Für eine wissenschaftliche Karriere ist die Promotion unbedingt zu bevorzugen. Auf das Master-Studium sollte aber nur in sehr speziellen Ausnahmefällen verzichtet werden.
Ein Auslandsaufenthalt nach dem Studium oder auch schon zwischen Bachelor- und Master-Studium wird von vielen Studierenden als bereichernd erlebt, und kann ebenfalls generell empfohlen werden. Aus der immer weiter fortschreitenden Internationalisierung in den Naturwissenschaften ergibt sich meist ohnehin die Notwendigkeit der weltweiten Suche nach beruflichen Perspektiven. Es bieten sich aber auch in Deutschland diesbezüglich schon viele Möglichkeiten.
Physik - Prof. Dr. Karl Leo

Kurzvita

Prof. Dr. Karl Leo
Nach dem Physikstudium an der Universität Freiburg promovierte Karl Leo 1988 an der Universität Stuttgart mit einer am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung bei Hans Queisser ausgeführten Arbeit zur Ultrakurzzeit-Spektroskopie in Halbleitern. Von 1989 bis 1991 war er Postdoc bei den Bell Laboratories in Holmdel, NJ, U.S.A. und ab 1991 Oberassistent an der RWTH Aachen. Seit 1993 leitet er das Institut für Angewandte Photophysik der Technischen Universität Dresden, zusätzlich war er bis 2013 Institutsleiter an der Fraunhofer-Einrichtung für Organik, Materialien und Elektronische Bauelemente COMEDD, Dresden. Sein aktuelles Arbeitsgebiet sind Organische Halbleiter, von den Grundlagen bis hin zu Anwendungen, z.B. als Organische Leuchtdioden (OLED) und Organische Solarzellen. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Zukunftspreis des Deutschen Bundespräsidenten. Er ist Mitbegründer einiger Firmen, u.a. Novaled GmbH und Heliatek GmbH.
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