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Pharmazie - sehr viel mehr als das rote A.

Ein Beitrag von Dr. Dorothea Kaufmann, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie (IPMB)

»Ach, das muss man studieren?« Immer wieder sind Menschen überrascht, dass dem Beruf der Apothekerin oder des Apothekers ein vierjähriges Universitätsstudium und ein Jahr praktischer Ausbildung vorangehen. Rezept entgegennehmen, Schublade auf, Schublade zu, noch ein Päckchen Taschentücher dazu und einen schönen Tag wünschen - doch Apothekerinnen und Apotheker sind viel mehr als Verkäufer.

Als führende Arzneimittelexperten sind sie die erste Adresse bei Fragen rund um die Gesundheit. Zentrale Bedeutung hat die Beratung rund um Arzneimittel, deren Wirkung und Einnahme, »zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker«. Doch es geht noch viel weiter: Sei es die Betreuung von werdenden Müttern, die Überwachung von Therapieplänen chronisch Kranker, Impfberatung, Ratschläge zur sinnvollen Gewichtsreduktion oder die Herstellung individualisierter Arzneimittel - Apothekerinnen und Apotheker sind Rundumversorger.

Auch gegen die wachsende Konkurrenz von Versandapotheken und dem immer breiter werdenden Angebot an Heilmitteln in Drogerien und Verbrauchermärkten setzen Apothekerinnen und Apotheker auf ihr geballtes Fachwissen und menschliche Kompetenz. Nur in einer Apotheke kann der Patient sicher sein, immer die beste Qualität im Bereich Arzneimittel zu erhalten. Auch die persönliche Betreuung weit über den Ladentisch hinaus zeichnet den Berufsstand aus.

Pharmazie - Dr. Dorothea Kaufmann Neben der Abgabe von Medikamenten spielen auch individualisierte Arzneimittel wie Cremes und Salben eine wichtige Rolle, ebenso sind Apothekerinnen und Apotheker in der palliativen Behandlung von Schwerkranken bewandert. Auch für Fragen zu häuslicher Pflege und dem Umgang mit kranken Familienmitgliedern stehen sie gerne zur Verfügung.

Jede Apotheke ist einzigartig und bietet viele Möglichkeiten. Im Rahmen ihrer Ausbildung lernen Apothekerinnen und Apotheker alles über Wirkstoffe und deren Einsatz und können so auch eigene Produkte herstellen. Gerade im Bereich der Hautpflege lohnt sich ein Blick ins Apothekenregal. Neben der klassischen Apothekenkosmetik finden sich hier immer häufiger auch eigene Kosmetiklinien mit pflanzlichen Inhaltsstoffen aus der Region.

Egal, ob als Inhaber oder Angestellter: Die meisten Apothekerinnen und Apotheker arbeiten nach wie vor in öffentlichen Apotheken. Attraktive Teilzeitmodelle ermöglichen auch Eltern einen reibungslosen Wiedereinstieg in den Beruf und unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit. Doch auch außerhalb ihres »natürlichen Habitats« sind Apothekerinnen und Apotheker sehr gefragt.

Jedes Krankenhaus verfügt über eine Krankenhausapothekerin oder einen Krankenhausapotheker, die die Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln sicherstellen. Deren Anwendung muss mit Ärzten und Klinikpersonal abgesprochen und den Patienten erklärt werden. Die Erstellung von Therapieplänen und die Entscheidung darüber, welche Arzneimittel in der Klinik angewandt werden ist ebenso Aufgabe der Krankenhausapothekerinnen und -apotheker wie die regelmäßige Rückkopplung mit Patienten, die das Krankenhaus bereits verlassen haben.

Wer sich nach seinem vierjährigen naturwissenschaftlich geprägten Studium der Pharmazie eher zur Forschung hingezogen fühlt, wird auch hier schnell fündig. Jede Universität, die ein pharmazeutisches Institut unterhält, ist auf der Suche nach motivierten jungen Menschen, die die Wissenschaft voranbringen wollen. Ziel der medizinischen und pharmazeutischen Chemie ist die Entwicklung neuer und Verbesserung bereits bekannter Arzneistoffe.

Pharmazie - Dr. Dorothea Kaufmann In der pharmazeutischen Biologie dreht sich alles um Arzneipflanzen und deren Inhaltsstoffe, die in der Zukunft als Leitstrukturen für neue Medikamente dienen können. Die pharmazeutischen Technologen beschäftigen sich mit innovativen Arzneiformen wie beispielsweise der Nano- und Liposomentechnologie. Interessant ist auch die Forschung in der klinischen Pharmazie, die den Anspruch erhebt, neueste Erkenntnisse und deren Produkte von der Laborbank direkt an das Krankenbett liefern zu können.

Die Pharmakologie als Wissenschaft der Wechselwirkungen zwischen Wirkstoff und Lebewesen bietet das breiteste Forschungsfeld für Apothekerinnen und Apotheker. Die Charakterisierung von neuen Arzneistoffen und ihrer Wirkweise in Modellen und Modellorganismen ist hier ebenso Aufgabe wie die Klärung der Frage, wie weit die genetische Ausstattung eines Patienten sich auf die Wirksamkeit von Arzneimitteln auswirkt sowie die Erforschung der schädlichen Wirkung von Giftstoffen. Gemeinsam mit Medizinern und anderen Naturwissenschaftlern können so innovative Behandlungskonzepte erarbeitet werden. Doch auch außerhalb von Universitäten sind Apothekerinnen und Apotheker gefragte Kandidaten in der Wirtschaft. Anknüpfend an die universitäre Ausbildung liegen die Bereiche Forschung und Entwicklung in der chemischen und pharmazeutischen Industrie nahe. Doch auch darüber hinaus gibt es viele Fragen, die beantwortet werden müssen: Wie wird ein Wirkstoff am besten verabreicht? Wirkt ein Arzneistoff als Tablette oder als Saft besser - die Antworten werden die Experten schnell finden.

In Deutschland unterliegen Arzneimittel strengen Qualitätsanforderungen. Diese zu überprüfen und den Standard hoch zu halten ist ebenfalls Aufgabe von Apothekerinnen und Apothekern in der Pharmaindustrie. Auch bei der Zulassung und Markteinführung von Medikamenten ist in den Teams oftmals die spezifische Expertise dieser Berufsgruppe gefragt. Das Marketing ist ein weiterer entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg eines Medikamentes. Wer könnte die Vorzüge eines Produktes besser darstellen als Fachleute, die in allen Bereichen bestens Bescheid wissen und die Kompetenz besitzen, dies auch marktkonform zu kommunizieren?

Pharmazie - Dr. Dorothea Kaufmann Auch die Industrie ist auf Impulse von außen angewiesen. Nicht wenige Apothekerinnen und Apotheker arbeiten nach Ihrem Abschluss bei namhaften Unternehmensberatungen, wo Sie ihr Fachwissen im medizinisch-pharmakologischen Bereich dazu einsetzen können, wirtschaftlich arbeitende Unternehmen bei wichtigen Entscheidungen zu unterstützen.

Neben diesen eher »klassischen« Betätigungsfeldern locken viele Möglichkeiten. Auch in der Kosmetikindustrie ist das Fachwissen von Apothekerinnen und Apothekern sehr gefragt. Jedes Jahr werden Milliarden für Schönheit ausgegeben und es sind diese Experten, die auch hier maßgeblich zum wissenschaftlichen Fortschritt beitragen.

Wer sich außerhalb des Labors wohler fühlt, ist bei Krankenkassen und Versicherungen an der richtigen Adresse. Diese Institutionen benötigen Fachleute, die sich im Gesundheitssektor bestens auskennen und gesundheitsrelevante Prozesse beurteilen und begleiten können. Dies gilt auch für Verlage, die entsprechende Publikationen vertreiben. Egal, ob populärwissenschaftliche Titel wie die »Apotheken Umschau«, Fachbücher oder die Mitarbeit an rechtlich verbindlichen Werken wie dem Europäischen Arzneibuch: Apothekerinnen und Apotheker mit Interesse an Wort und Schrift können sich hier bestens einbringen. Und auch die Beipackzettel von Arzneimittel sind das Produkt des breiten Fachwissens dieser Experten.

Gerade die Kommunikation zwischen Patienten und Fachleuten ist von entscheidender Bedeutung für die Information der Bevölkerung. Gesundheitsämter, der Verbraucher- sowie Katastrophenschutz verlässt sich gerne auf die Einschätzung von kompetenten Apothekerinnen und Apothekern. Auch in der Politik sind diese Fachleute als Beraterinnen und Berater im Gesundheitsministerium überaus wertvoll. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, in den entsprechenden Berufsstandesvertretungen wie der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA), der Bundesapothekerkammer (BAK) oder dem Deutschen Apothekerverband e.V. (DAV) im Lobbybereich tätig zu werden. Der Apothekerberuf hat (fast) keine Grenzen - ganz wörtlich ist dies in der Entwicklungshilfe bei »Apotheker ohne Grenzen« zu nehmen. In Kooperation mit »German Doctors« oder »Ärzte ohne Grenzen« kommt hier die Hilfe immer dort an, wo sie am dringlichsten gebraucht wird. übrigens ist die Mitarbeit hier auch neben dem regulären Beruf projektbezogen möglich! Auch die Bundeswehr bietet Apothekerinnen und Apothekern die Möglichkeit, als Sanitätsoffiziere sowohl in Deutschland als auch in den Einsatzgebieten Dienst zu tun und Soldatinnen und Soldaten zu versorgen.

Egal, wo Apothekerinnen und Apotheker ihr breites Fachwissen und hohe Sozialkompetenz einsetzen, vereinen Sie doch ein ganzes Alphabet an Kompetenzen, die weit über das rote »A« hinausgehen, das jede Apotheke in Deutschland ziert.
Pharmazie - Dr. Dorothea Kaufmann

Kurzvita

Dr. Dorothea Kaufmann
› 2001 - 2004: Studium Bachelor Molekulare Biotechnologie IPMB Uni Heidelberg
› 2004 - 2006: Studium Master Molekulare Biotechnologie IPMB Uni Heidelberg
› 2007 - 2011: Promotion im Fach Biologie am IPMB Uni Heidelberg zum Thema
›Traditional Chinese Medicinal Plants inhibit acetylcholinesterase and glycogen synthase kinase 3ß in vitro, two known Alzheimer targets«
› Forschungsaufenthalte an der Chinese University of Hong Kong, Hong Kong, China sowie am DKFZ Heidelberg, zahlreiche Publikationen und Kongressbeiträge
› seit 2011: Studienkoordinatorin für die Studiengänge Pharmazie und Molekulare Biotechnologie am IPMB Heidelberg
› Senatsbeauftragte für Qualitätsentwicklung
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