Suche in 18109 Jobs

Grüne Karrierewege - Berufliche Perspektiven in der Umweltwirtschaft

Ein Bericht von Prof. Dr. Torsten Henzelmann, Hochschule Trier

»Ich will mich verändern und die Welt gleich mit.« - Mit diesem Slogan werben die Stellenanzeigen eines Energieversorgers um Berufseinsteiger. Die Tonlage zielt auf die »Generation Y«. Wertvorstellungen und Verhalten dieser Alterskohorte sind im Fokus von Personalverantwortlichen, denn die zwischen 1980 und 2000 Geborenen werden die Arbeitswelt der kommenden Jahrzehnte prägen.

Natürlich gibt es unter den Angehörigen dieser Jahrgänge individuelle Unterschiede. Dennoch bieten Studien einen Orientierungsrahmen über die Haltung der unter 35-Jährigen. »Sie streben in Bezug auf die Arbeitswelt nach Respekt, Spaß und Sinnhaftigkeit gleichermaßen«, so die Einschätzung der Lenkungskommission »Zukunft der Arbeitswelt« der Robert Bosch Stiftung. Unter den Vorzeichen von demografischem Wandel und drohendem Fachkräftemangel können sich diejenigen Branchen bzw. Unternehmen glücklich schätzen, die solche Bedürfnisse erfüllen und darüber hinaus solide Beschäftigungsaussichten offerieren. Genau diese Kombination aus einer Sinn stiftenden Tätigkeit und vielfältigen beruflichen Perspektiven bietet die Umweltwirtschaft.

Umweltwirtschaft - eine Querschnittsbranche mit vielen Facetten

Wer die Berufsperspektiven in diesem Wirtschaftszweig beleuchten will, muss zunächst das Themengebiet abstecken. Beim Maschinenbau oder der Automobilindustrie ist dies relativ einfach - diese Traditionsbranchen sind klar definiert und statistisch erfasst; jeder hat eine Vorstellung, welche Waren und Dienstleistungen die Unternehmen dieser Wirtschaftszweige im Portfolio haben. In der Umweltwirtschaft ist die Lage komplizierter, was schon an den zahlreichen Bezeichnungen für diese junge Branche deutlich wird: Cleantech, Grüne Technologien, Grüne Zukunftsmärkte, Umwelttechnik und Ressourceneffizienz, GreenTech. Derzeit gibt es in der Fachliteratur weder ein einheitliches »Etikett« noch verbindliche Kriterien, welche Produkte, Verfahren und Dienstleistungen der Umweltwirtschaft zuzurechnen sind.

Diese terminologische und inhaltliche Beliebigkeit liegt vor allem darin begründet, dass die Umweltwirtschaft eine typische Querschnittsbranche ist, die zahlreiche Überschneidungen mit »klassischen« Schlüsselindustrien wie dem Maschinen- und Anlagenbau, der Elektrotechnik, dem Automobilbau oder der Chemieindustrie aufweist. Diese Schnittmengen lassen die Trennlinien zur Bestimmung der Branchengrenzen verschwimmen. Um die Umweltwirtschaft klarer zu charakterisieren, wird die Branche seit 2006 in der Studienreihe des Bundesumweltministeriums (BMU) »GreenTech made in Germany« über Leitmärkte definiert. Den Ausgangspunkt für die Segmentierung der Umweltwirtschaft bilden hierbei sogenannte Technologielinien; darunter werden Produkte, Verfahren und Dienstleistungen verstanden, die dem additiven Umweltschutz dienen (das heißt, der Produktion/dem Konsum nachgelagerten Beseitigung umweltschädlicher Auswirkungen) sowie prozessintegrierte Technologien und umweltfreundliche Produkte.

Diese Technologielinien werden bottom-up zu Marktsegmenten aggregiert, die wiederum zu sechs Leitmärkten zusammengefasst werden: Umweltfreundliche Energien und Energiespeicherung, Energieeffizienz, Rohstoff- und Materialeffizienz, Nachhaltige Mobilität, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltige Wasserwirtschaft. Diese Leitmärkte weisen ein übergreifendes Merkmal auf: Ihre Produkte, Dienstleistungen und Verfahren tragen entscheidend dazu bei, die aus den Megatrends Ressourcenknappheit und Klimawandel resultierenden Probleme zu lösen.

Grüne Zukunftsmärkte auf Expansionskurs

Eine weitere Gemeinsamkeit dieser sechs Leitmärkte sind ihre exzellenten Wachstumsperspektiven. Die Studienreihe »GreenTech made in Germany« analysiert und dokumentiert die Entwicklung der GreenTech-Märkte, die 2007 global ein Volumen von 1.383 Milliarden Euro erreichten. 2011 bezifferte sich das Volumen der sechs Leitmärkte der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz auf 2.044 Milliarden Euro, wobei die Energieeffizienz mit 720 Milliarden Euro den größten Leitmarkt darstellte.

»Auch künftig werden die grünen Zukunftsmärkte ihren dynamischen Wachstumskurs fortsetzen.«

Weltweit sollen die sechs Leitmärkte im Jahr 2025 ein Gesamtvolumen von 4.400 Milliarden Euro erreichen, so die Prognose in der BMU-Veröffentlichung »GreenTech made in Germany 3.0«. Das entspricht zwischen 2011 und 2025 einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 5,6%.

Spannende und lukrative Aussichten für Berufseinsteiger

So facettenreich wie die Branche selbst sind die beruflichen Möglichkeiten, die die Umwelttechnik und Ressourceneffizienz bietet. Absolventen von Studiengängen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) finden in den sechs grünen Leitmärkten vielfältige Betätigungsfelder. Auch Wirtschaftswissenschaftlern bieten die verschiedenen Green- Tech-Marktsegmente spannende Perspektiven. Sowohl für Berufseinsteiger mit technisch-naturwissenschaftlichem als auch mit ökonomischem Hintergrund gilt: Die heterogene Branchenstruktur der Umweltwirtschaft bedient ganz unterschiedliche Bedürfnisse für die Gestaltung der Berufsbiografie. Konzern, Mittelständler oder Startup, Metropole oder Kleinstadt - in diesem Wirtschaftszweig finden sich Unternehmen für jedwede Größen- und Standortpräferenz eines Bewerbers. Aufgrund der ausgeprägten Exportorientierung der deutschen GreenTech-Anbieter bietet die Branche auch denjenigen sehr gute Chancen, die Auslandserfahrungen gewinnen möchten.

Greening der Hochschullandschaft - Neue Studiengänge im Themenfeld Umweltwirtschaft und Nachhaltigkeit

Wer seinen Berufseinstieg in der Umwelttechnik plant, dem steht ein breites Spektrum offen. Allerdings macht das Potpourri der Möglichkeiten den Entscheidungsprozess nicht unbedingt leicht. Hinzu kommt, dass sich in der jungen GreenTech-Branche viele Berufsbilder und Einsatzbereiche gerade erst herauskristallisieren. Diese Dynamik spiegelt sich in der akademischen Ausbildung wider: In den letzten Jahren sind in der deutschen Hochschullandschaft zahlreiche neue Studiengänge entstanden, die sich mit Themenfeldern der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz befassen. Bereits bestehende ingenieurs- oder naturwissenschaftliche Studiengänge beschäftigten sich ebenfalls an vielen Hochschulen mit Fragestellungen zu einzelnen Aspekten der Ressourceneffizienz und wurden um entsprechende Module ergänzt.

Der Blick in einschlägige Datenbanken zeigt, dass Abiturienten mit Affinität zur Umweltwirtschaft die Qual der Wahl haben. Sowohl im Bereich der grundständigen als auch der weiterführenden Studiengänge wurden immer mehr Angebote für die akademische Ausbildung in den »klassischen« Marktsegmenten der Umweltwirtschaft geschaffen. Wer beispielsweise im »Hochschulkompass«, dem Portal der Hochschulrektorenkonferenz, recherchiert, findet allein unter dem Schlagwort »Erneuerbare Energien« 73 Treffer für Bachelor- oder Master-Studiengänge. Wer in die Suchmaske »Umwelttechnik« oder »Elektromobilität« eintippt, bekommt 104 bzw. 21 Ergebnisse angezeigt.

»In den letzten Jahren sind in der deutschen Hochschullandschaft zahlreiche neue Studiengänge entstanden, die sich mit Themenfeldern der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz befassen.«

Interdisziplinarität als »grüner Faden« des Curriculums

Gerade in einer Querschnittsbranche wie der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz spielt Interdisziplinarität eine Schlüsselrolle. Dieses Erfordernis berücksichtigt das Konzept des Umwelt-Campus Birkenfeld. In elf Bachelor, elf Master und drei Dualen Studiengängen sind dort aktuell rund 2.700 Studierende eingeschrieben. An diesem Standort der Hochschule Trier ist die Vernetzung von ökologischen, wirtschaftlichen, technischen und sozialen Aspekten der programmatische »grüne Faden« des Studienangebots. Diesem Anspruch wird in besonderer Weise der Fachbereich Umweltwirtschaft/Umweltrecht gerecht, indem er in verpflichtenden studiengangsübergreifenden Lehrveranstaltungen, fachübergreifender Teamarbeit, in Seminaren oder auch in der Integration der Studierenden verschiedener Studiengänge in gemeinsamen Projekten arbeitet. Spätestens dort zeigt sich, dass der Umweltgedanke eben nicht zu bestehenden traditionellen Fächern einfach hinzu addiert werden kann, sondern das thematische Bindeglied bilden muss, welches alle Studiengänge von Anfang an nach Maßgabe der »nachhaltigen Entwicklung« wie ein grüner Faden durchzieht.

Dies macht ein Beispiel aus dem Bereich Erneuerbare Energien deutlich: Die Planung einer Biogasanlage oder eines Windparks gelingt erst durch die Interaktion verschiedener Spezialisten: Juristischer Sachverstand ist für das Genehmigungsverfahren und die Ausarbeitung von Verträgen erforderlich, für die technische Auslegung braucht man das Know-how von Ingenieuren, und es bedarf der Kompetenz von Betriebswirten, um Fragen der Wirtschaftlichkeit zu klären. Das Ausbildungskonzept des Umwelt-Campus Birkenfeld ist so ausgelegt, dass diese Interdisziplinarität bereits vom ersten Semester an das Curriculum bestimmt.

»Work in Progress« - Neue Berufsbilder in der Umweltwirtschaft

Eine dynamische Branche wie die Umwelttechnik und Ressourceneffizienz bietet gute Chancen für Quereinsteiger, die sich auf dem Fundament einer akademischen Ausbildung als Ingenieur oder Ökonom auf »grüne« Themen oder Marktsegmente spezialisieren wollen. Ein Beispiel ist die Tätigkeit des Nachhaltigkeitsmanagers. Sein Aufgabenfeld ist überaus facettenreich und kann - je nach Stellenbeschreibung - unterschiedliche Schwerpunkte beinhalten. Grundsätzlich kümmert sich ein Nachhaltigkeitsmanager in einer Organisation um Fragestellungen, die mit den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Ökonomie und soziale Themen verknüpft sind. Als Arbeitgeber kommen Unternehmen, Verbände, die öffentliche Verwaltung oder politische Institutionen in Frage. In Unternehmen beschäftigen sich Nachhaltigkeitsmanager beispielsweise mit der Erstellung einer CO2-Bilanz. Oder sie überprüfen die Lieferkette auf die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards. Angesichts dieser Fülle potenzieller Tätigkeiten gibt es für dieses neu entstehende Berufsbild bis dato keine einheitlichen, geregelten Ausbildungswege. Es zeichnet sich ab, dass künftig mehr in Nachhaltigkeitsthemen versierte Spezialisten gebraucht werden: Die Europäische Union plant eine Ausweitung der Berichtspflicht. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sollen in ihren Geschäftsberichten Informationen über die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Aktivitäten aufnehmen.
Maschinenbau - Prof. Dr. Torsten Henzelmann

Kurzvita

Prof. Dr. Torsten Henzelmann ist Senior-Partner und Leiter des Competence Center »Civil Economics, Energy & Infrastructure« der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt dabei auf der Beratung international führender Industrie- und Dienstleistungsunternehmen sowie Umwelttechnikunternehmen und öffentlicher Institutionen. Neben seiner Arbeit als Berater engagiert sich Torsten Henzelmann als Professor am Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier. Er lehrt dort in seinem Fachgebiet Sustainable Business.
Logo Hochschule Trier

Die Hochschule Trier berichtet über die Karriere im Maschinenbau!

Schnell und einfach nach oben gelangen - Berufsstart - deine Jobbörse - hilft dir dabei