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Elektrische Antriebstechnik - Zeit, dass sich was dreht ...

Ein Beitrag von Prof. Dr.-Ing. Thomas Köller, Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft, Fakultät Elektro- und Informationstechnik

Die Zahlen sprechen für sich: In 2014 betrug der Umsatz mit Produkten, Systemen und Lösungen rund um die elektrische Antriebstechnik in Deutschland annähernd 10 Milliarden Euro (Quelle: ZVEI). Die Antriebstechnik ist also ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und ein weites Betätigungsfeld, das Ingenieuren viele spannende Herausforderungen bietet.

Die elektrische Antriebstechnik ist längst der originären Aufgabe, die Menschen von körperlich schwerer Arbeit zu entlasten, entwachsen. Heute stellt sich die Antriebstechnik als interdisziplinäres Arbeitsgebiet mit den Schwerpunkten: Elektrische Maschinen, Regelungstechnik und Leistungselektronik dar. Aber auch die Kommunikationstechnik spielt in der Antriebstechnik eine große Rolle. So werden hohe Anforderungen an die Geschwindigkeit, die Echtzeitfähigkeit und an die Sicherheit der Datenübertragung gestellt.

»Ohne die Robotik wären viele Produkte nicht wirtschaftlich herstellbar.«

Wechselrichter in der Inbetriebnahmephase ›Was in der Theorie erarbeitet wurde, wird in der Praxis umgesetzt. Hier ein Beispiel einer studentischen Arbeit: Ein an der Hochschule Karlsruhe entwickelter Wechselrichter in der Inbetriebnahmephase

Hochdynamische Antriebe sind in der Produktion unverzichtbar. Die hohen Taktraten verbilligen Produkte und machen sie für Konsumenten erschwinglich. Darüber hinaus sind viele Gegenstände des Alltags nur deshalb zu fertigen, weil Werkzeugmaschinen dreidimensionale Formen dank kooperierender Antriebe herstellen können. Komplexe Strukturen, man denke beispielsweise an die Dreidimensionalität heutiger Cockpits moderner Autos, sind nur durch die intelligente Ansteuerung von Werkzeugmaschinen mit einer Vielzahl von elektrischen Antrieben zu realisieren. Ohne die Robotik, die erst durch hoch-dynamische Antriebe ihre Vorzüge offenbaren kann, wären viele Produkte nicht wirtschaftlich herstellbar.

Mensch-Roboter-Kollaboration

Neuere Robotergenerationen werden dafür ausgelegt, direkt mit dem Menschen zusammenzuarbeiten. Durch »weichgeschaltete« Antriebe kann der Mensch den Roboter führen. Eine Herausforderung für die Regelungstechnik und für die Sicherheitstechnik. Ein Beispiel ist der Kuka Leichtbauroboter LBR.

E-Mobility

Das Zusammenspiel von Antrieb und Frequenzumrichter bestimmt wesentlich die Energieeffizienz und damit die Reichweite moderner Elektrofahrzeuge. Das leistungselektronische Wissen des Antriebstechnikers ist hier genauso gefragt wie sein Verständnis hinsichtlich der Maschinenauslegung.

Rekuperation

Die kinetische Energie eines PKW sollte vernünftigerweise beim Bremsen gespeichert werden. Dies verringert nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern ermöglicht zusätzliche Funktionen, wie die Drehmomentunterstützung bei Beschleunigungsvorgängen. Diese hat z. B. Bosch mit dem Boost Recuperation System verwirklicht. Der Antriebstechniker ist hier gefordert, die Betriebspunkte der Maschine mit bestem Wirkungsgrad zu kennen. Durch geeignete Regelung wird die Maschine im optimalen Punkt betrieben.

Werkzeugmaschinen

Mehrdimensionale Werkzeugmaschinen fräsen komplexe Formen für Spritzgussteile. Die Aufgabe des Antriebstechnikers besteht darin, eine hohe Bahntreue zu gewährleisten. Nur durch eine geschickte Wahl des Antriebs und einer Regelungstechnik auf höchstem Niveau können wirklich glatte Oberflächen erzielt werden.

Energieerzeugung

Nahezu 95% der elektrischen Energie in Deutschland wird über rotierende elektrische Maschinen erzeugt. Speziell im Bereich der regenerativen Energien (Windkraft, Kleinwasserkraftwerke, Mini/Mikro BHKW) versucht man durch optimale Anpassung der Drehzahl einen maximalen Wirkungsgrad zu erzielen. Erst durch genaue Kenntnisse des stationären Systemverhaltens im generatorischen Betrieb werden neue Konzepte der regenerativen Energieerzeugung möglich.

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Im Bachelor-Studium werden bereits alle Grundlagen für Leistungselektronik, Regelungstechnik und Elektrische Maschinen gelegt. Im Master-Studiengang wird dann dieses Basiswissen erweitert, die Teilgebiete werden miteinander verbunden und speziell auf die Bedürfnisse der Antriebstechnik zugeschnitten. So geht es im Fachgebiet »Elektrische Antriebe« beispielsweise darum, eine günstige Regelkreisstruktur zu finden und auch modellbasierte Ansätze zu diskutieren.

»Mit Hilfe von Simulationstools wird das erlernte Wissen gefestigt und Erfolge werden schnell sichtbar.«

Da heutige Antriebsregelungen ausschließlich zeitdiskret arbeiten, verdient die Diskretisierung (auch von Multirate-Systemen) eine besondere Beachtung. Die Beschreibung des dynamischen Verhaltens der Antriebe gelingt mit der Raumzeigertheorie, deren Verständnis eine Grundlage für jedes moderne Antriebssystem bildet. Des Weiteren werden Nichtidealitäten, wie z. B. Transportzeiten durch den Regelalgorithmus oder begrenzte Lage- und Drehzahlauflösung, behandelt. Messeinrichtungen zur Erfassung der Lage werden vorgestellt. Auch Sondergebiete, wie beispielsweise die elastische Kopplung oder geberlose Regelverfahren werden gemeinsam erarbeitet. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf die Simulation gelegt. Mit Hilfe von Simulationstools wird das erlernte Wissen gefestigt und Erfolge werden schnell sichtbar. Auch die Praxis kommt nicht zu kurz: In Projekt- und Abschlussarbeiten an der Fakultät Elektro- und Informationstechnik der Hochschule Karlsruhe entstehen Wechselrichter, Gleichrichtermodule, Messwerterfassungseinrichtungen, neue Regelverfahren, Prüfeinrichtungen usw.

Aufgrund kleiner Gruppengröße gibt es darüber hinaus viel Gelegenheit zur fachlichen Diskussion.
Prof. Dr.-Ing. Thomas Köller

Kurzvita

Prof. Dr.-Ing. Thomas Köller ist seit dem 01.10.2001 an der Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft tätig. Er vertritt das Fachgebiet Elektrische Maschinen und Antriebe. Nach seinem Studium der Elektrotechnik an der TU Braunschweig trat er in die Siemens AG Dynamowerk Berlin ein und war dort im Bereich »Elektrische Großmaschinen« als Berechnungsingenieur für die Auslegung von Wasserkraftgeneratoren tätig. 1995 wechselte er an die Universität Duisburg, um dort über ein Thema aus dem Bereich großer Synchrongeneratoren zu promovieren. Von 1999 bis zur Berufung an die Hochschule Karlsruhe war er als Entwicklungsingenieur in der Kuka Gruppe tätig und leitete zuletzt den Bereich Antriebstechnik der Kuka Roboter GmbH Augsburg.
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